Ein Riesling kommt auf Touren

Ich mag Wein. Ich mag Vielfalt. Und ich mag, dass es viele verschiedene Arten gibt, von Wein zu erzählen. Darum erzähle ich hier mal von einem Wein, von dem ich anderswo schon mal erzählt habe. Weil Wein nämlich viele Geschichten erzählt. Zumal wenn er in die Jahre zu kommen beginnt. Wie der 2016er Rotschiefer vom Weingut Würtzberg in Serrig an der Saar.

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Zu haben ist dieser Riesling schon länger nicht mehr. Das macht hier aber auch nichts. Viele andere Schätze reifen in anderen Kellern noch länger heran. Der Stoff hier aus dem Keller der Familie von Jungwinzer Felix Heimes kommt ja auch erst aus seinen Kinderjahren in die Jugend. Das heißt aber auch: Jetzt beginnt er/es spannend zu werden.

Jedenfalls zieht schon der Goldton des Weines meine Aufmerksamkeit aufs Glas. So dunkel, so voll: Da muss doch noch mehr hinter sein. Ist ja auch der Fall, denn beim ersten Kontakt über die Nase rieche ich die typischen warmen, weichen Alterstöne. Auf der Zunge kommt mir der Rotschiefer dann ausgesprochen herb. Viel Salz, dazu der Saft von Grapefruit und Zitronenzesten. Aber vor allem viel Saft. s

So muss Riesling, denke ich mir da nur. Und im Übrigen gibt es nur einen Wermutstropfen: Zumindest beim Winzer gibt es den Wein nicht mehr. Macht aber nix. Ich kann ja davon erzählen.

Und was lehrt uns die Geschichte? Zum Beispiel: Lasst Eure Rieslinge in Ruhe reifen. Auch die trockenen. Sie lohnen es Euch reichlich. Mit Geschichten wie diesen. Und noch vielen anderen mehr.

Wein-Jahrgang 2019: Frucht, Eleganz und frühe Trinkreife

 

Qualitätswettbewerb der Mosel-Weinwerbung: 600 Weine getestet

Frisch, fruchtig und mit viel Potenzial – so lautete das Urteil der Jury im Qualitätswettbewerb der Mosel-Weinwerbung zu den jungen Weinen des Jahrgangs 2019 von Mosel, Saar und Ruwer. Der Moselwein e.V. testete in seiner Jahresauswahlprobe Weine und Schaumweine von rund 200 Erzeugern aus dem gesamten Anbaugebiet von Saar bis Terrassenmosel.

Bedingt durch die Corona-Epidemie fanden die Verkostungen über vier Tage verteilt statt. Zuerst wurden an zwei Tagen mehr als 450 Weine und Schaumweine von je 16 Juroren getestet. Die Fachleute aus Gastronomie, Weinhandel, von Verbänden und Fachbehörden sowie Weinjournalisten probierten und bewerteten die Weine verdeckt im Steillagenzentrum des DLR Mosel in Bernkastel-Kues. Die besten der Vorrunde qualifizierten sich für die Finalverkostungen, in denen die Tester die Siegerweine der einzelnen Kategorien kürten. Bewertet wurde nach dem 100-Punkte-Schema.

Weine und Sekte der Rebsorte Riesling dominierten den Test. Darüber hinaus wurden Weine und Winzersekt aus den weißen Burgundersorten, aus der Rebsorte Elbling sowie Rosé-Weine aus Burgundersorten bewertet. Die Liste der besten Weine veröffentlicht der Moselwein e.V. auf seinen Internetseiten unter www.weinland-mosel.de in der Rubrik Weinempfehlungen. Die 2019er Weißweine zeigten sich in der Probe mit ihren frischen, oft exotischen Fruchtaromen und angenehm kräutrigen Noten schon im frühen Entwicklungsstadium kurz nach der Abfüllung sehr zugänglich. Die Qualität war insgesamt sehr gut, über die Platzierung entschied häufig nur ein halber Punkt. Gegenüber den kräftigeren 2018ern sind die 2019er nach Ansicht der Juroren überwiegend moseltypischer: eleganter, schlanker und frischer mit harmonischer Säurestruktur und relativ moderaten Alkoholgehalten.

Die Verteilung der Sieger in den einzelnen Kategorien zeigt, dass der Jahrgang 2019 überall im Anbaugebiet hervorragende Weine erbracht hat, von der südlichen Wein-Mosel bis zur Terrassenmosel. Unter den besten Betrieben finden sich neben etablierten Weingütern auch neue Entdeckungen.

In der Kategorie „2019 Riesling Gutswein trocken“ siegte Jungwinzer Markus Junglen aus Kröv mit seinem 2019er Riesling Qualitätswein trocken vor den Weingütern Martin Conrad aus Brauneberg und Theo Loosen aus Klotten, die mit ihren trockenen Gewächsen die Plätze 2 und 3 erreichten. Der Sieg in der Gruppe „2019 Riesling Ortswein trocken“ ging an die Bischöflichen Weingüter Trier für deren 2019er Erdener Riesling Qualitätswein trocken, dicht gefolgt von Weinen der Weingüter Paulinshof in Kesten und Schloss Saarstein in Serrig.

Beim feinherben Riesling holte sich Alexander Loersch aus Leiwen mit seinem 2019 Glimmerschiefer Riesling Qualitätswein den ersten Platz in der Gruppe der Gutsweine. Platz 2 in der Kategorie „2019 Gutswein feinherb“ belegte die Winzergenossenschaft Moselland eG in Bernkastel-Kues mit ihrem 2019er Goldschild Riesling Qualitätswein feinherb. Platz 3 teilten sich die Weingüter Knodt-Trossen (Kröv) und Gehlen (Trier-Tarforst).

Die Kategorie „2019 Riesling Ortswein feinherb“ entschied Stefan Blees vom Weingut Blees-Ferber in Leiwen mit dem 2019er Schweicher Alte Reben Riesling Qualitätswein feinherb für sich. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Andreas Weirich (Starkenburg) mit einem feinherben Steillagen-Riesling und die Bischöflichen Weingüter Trier mit dem Falkensteiner Qualitätswein feinherb.

Der erste Platz beim Elbling ging an das Weingut Apel in Nittel für den 2019er Elbling „Tradition vom Muschelkalk“ Qualitätswein trocken. Die Plätze 2 und 3 der Kategorie „2019 Elbling trocken“ gingen ebenfalls nach Nittel an die Weingüter Matthias Dostert und Frieden-Berg.

probe2Sieger der Kategorie „2019 Weißer Burgunder trocken“ ist der junge Winzer Daniel Anker in Köwerich mit dem 2019er Weißburgunder Qualitätswein trocken. Die Plätze 2 und 3 belegten das Weingut Marco Adamy aus Kinheim und die Bischöflichen Weingüter Trier. Vom Weingut Dax in Ernst (Kreis Cochem-Zell) kommt der beste Grauburgunder der Probe. Der holzfassgeprägte 2019er Grauburgunder Qualitätswein trocken setzte sich hier in der Finalrunde durch, vor dem 2019er Pinot gris trocken des Weingutes Würtzberg aus Serrig und dem 2019er Grauburgunder trocken vom Weingut Karlsmühle im Ruwertal. Der höchstbewertete 2019er Auxerrois Qualitätswein trocken kommt wie im Vorjahr von der Saar, vom Weingut Würtzberg in Serrig. In dieser Kategorie punkteten auch die Weingüter Apel aus Nittel und Biewers aus Tawern-Fellerich mit ihren Weinen.

Bei den trockenen Rosé-Weinen aus Burgundersorten erreichten zwei Weine punktgleich den ersten Platz: 2019er Spätburgunder Rosé Qualitätswein trocken vom Weingut Rosenhof in Maring-Noviand und der 2019er Spätburgunder Rosé Qualitätswein trocken vom Weingut Otto Görgen in Briedern. Auch den zweiten Platz 2 teilten sich zwei Rosé-Weine, von den Weingütern Reh in Schleich und Apel aus Nittel. Platz 3 belegte ein Spätburgunder Rosé aus Piesport vom Weingut Lehnert-Veit.

Winzersekt und Crémant aus klassischer Flaschengärung gehören bei den meisten Mosel-Betrieben ebenfalls zum Angebot. Mehr als 50 schäumende Weine aus klassischer Flaschengärung der Jahrgänge 2012 bis 2018 wurden zum Test des Moselwein e.V. eingereicht. Die beste Note für Riesling-Sekt vergaben die Tester an den 2012er Riesling Crémant brut des Wein- und Sektgutes Stefan Rauen in Detzem. Auf den Plätzen folgen Bio-Erzeuger Timo Dienhart aus Maring-Noviand mit seinem 2014er Riesling Sekt brut „edition bee Réserve“ und Martin Conrad aus Brauneberg mit dem 2015er Riesling-Lagensekt brut aus der „Mülheimer Sonnenlay“.

Der beste Elblingsekt der Probe kommt von der Sektmanufaktur St. Laurentius in Leiwen – ein Elbling-Crémant brut des Jahrgangs 2018. Die Sekterzeuger Biewers aus Fellerich und Frieden-Berg aus Nittel platzierten sich auf Rang 2 und 3.

Bei den Schaumweinen aus Burgundersorten und Cuvées ging die Saar-Mosel Winzersekt GmbH in Trier mit ihrer 2016er Cuvée Rosé Sekt brut als Sieger hervor. Platz 2 ging in dieser Gruppe an die Reverchon KG aus Konz-Filzen mit dem 2012er Blanc de noir brut, Platz 3 an Dienhart Weine aus Noviand für den 2015er Spätburgunder „Grande Réserve“ Crémant brut.

152 Weine in den Kategorien Riesling Kabinett feinherb sowie fruchtsüß wurden gesondert an zwei Tagen mit einer Jury aus Weinkritikern und Journalisten in der Vinothek Selbach in Zeltingen-Rachtig verkostet. Platz 1 in der Kategorie Kabinett feinherb teilen sich zwei Weine: der 2019er Trittenheimer Altärchen Kabinett feinherb des Weingutes Claes Schmitt Erben in Trittenheim und der 2019er Ayler Kupp Kabinett feinherb der Bischöflichen Weingüter Trier. Das Weingut Deutschherrenhof in Trier-Olewig platzierte sich mit dem 2019er Deutschherrenberg Rotschiefer Kabinett feinherb dicht dahinter, gefolgt vom 2019er Niedermenniger Herrenberg Kabinett des Weingutes Stefan Müller aus Konz-Krettnach.

Rieslinge von der Saar siegten bei den fruchtsüßen Kabinett-Weinen, die mit ihrem Spielzwischen Fruchtsüße und Fruchtsäure begeisterten. Die ersten beiden Plätze gingen an Günther Jauch’s Weingut von Othegraven in Kanzem. Sein 2019er Wiltinger Kupp Kabinett belegte Platz 1, der Kabinett aus dem Kanzemer Altenberg Platz 2. Der dritte Platz ging nach an die Mittelmosel an das Weingut Schloss Lieser für den 2019er Lieserer Niederberg Helden Kabinett.

Die besten Produkte der Jahresauswahlprobe werden bei Veranstaltungen und Gebietspräsentationen der Mosel-Weinwerbung eingesetzt. Die Teilnahme an dem Wettbewerb ist kostenlos und steht allen Erzeugern und Vermarktern von Weinen aus dem Anbaugebiet Mosel offen. Im zweiten Teil der Auswahlprobe wird der Moselwein e.V. die Riesling-Prädikatsweine des ab Spätlese sowie hochwertige trockene Weine wie Großes Gewächs und Rotweine bewerten.

Erfrischend unkompliziert

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Bietet unkompliziertes Trinkvergnügen: der Secco von Michael Hutmacher aus Oberemmel. Foto Christoph Hahn

Von Christoph Hahn

In absolutem Gegensatz zu Florian Lauers an anderer Stelle auf dieser Website zur Debatte gestelltem „Réserve“-Sekt steht der Secco von Michael Hutmacher. Der Perlwein ist ein Kamerad, der im Grunde so ist wie es auf dem Weingut der Hutmachers (www.weingut-hutmacher.de) an der Brotstraße in Konz-Oberemmel nahe der Saar zugeht: erfrischend unkompliziert, ohne jedes kultige Brimborium. Der Grundton ist eher süß denn trocken – ein Secco steht halt für Trinkspaß ohne große Umwege.

Im Glas hat Hutmachers feine Brause ordentlich Zug – Zug zu mehr. Die Süße trifft auf Würze und sorgt zusammen mit der zugesetzten Kohlensäure dafür, daß dieser Stoff kein bißchen vordergründig wirkt. Hutmachers Brause mit den Wesenszügen eines Rieslings kann selbst Freunden ambitionierter Weine und Winzersekte etwas bieten. Mit feiner Perlage läuft sie unwillkürlich die Kele runter – eine feine Erfrischung nicht nur für den Sommer.

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Leicht und süß, dabei weder vordergründig noch pappig: Der Secco von Michael Hutmacher aus Oberemmel macht Spaß. Foto: Christoph Hahn

Ein Sekt für das Ende der Zeiten

Von Christoph Hahn

Es gibt Sekt, den trinkt der Mensch einfach, lässt ihn die Kehle herunterlaufe. fühlt sich erfrischt – und damit Ende Gelände. Dann gibt es Schaumweine, die hinterlassen dieses eine, prickelnde Gefühl. und klingen auf den Geschmackspapillen noch lange nach. Und dann gibt es diesen einen, nachdem nichts mehr so sein wird wie vorher, diesen einen, der wie gemacht ist für das Ende aller Zeiten, die erste Nacht oder ähnliche großé Ereignisse. Florian Lauer, dem stillen Helden (Dankeschön für den, Nicole Mieding)  unter den Winzern an der Saar, ist es gelungen, einen solchen Sekt, einen von ganz großer Statur zu kreieren. Sein „Réserve 88“ hat stolze 28 Jahre auf der Hefe zugebracht, bevor er im September 2017 degorgiert, von der Hefe befreit, und auf die traditionelle Flasche gefüllt wurde.

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Eindrucksvoller Winzersekt: der „Réserve“ von Lauer. Foto: Florian Lauer

Ein ganz Großer ist so entstanden, fast schon ein Gigant, jedenfalls einer für die Ewigkeit. Denn der neue Lauer hat eine beinahe unendliche Lagerfähigkeit: moselfinewines.com hält ihn sogar erst ab 2019 trinkbar und gibt ihm dann Zeit bis 2026, was aber eine eher vorsichtige, defensive Schätzung ist. Sei’s wie es sei: Dieser Reservist hat so einiges auf dem Lager. Der Winzer, als VDP-Mitglied gewiss kein kleiner Meister seines Fachs, berichtet von „intensiven und süßen Aromen von ätherische Gewürzen, Nüssel und Trockenfrüchten, Tannennadeln, Lakritz und etlichem mehr. Darum wird der „Réserve“ ausdrücklich nicht als Solist, sondern vielmehr als Tandem-Partner zu kräftigen Gerichten wie würzigem, gereiften Käse, Tunfischtatar mit Wasabi oder frischen Meeresfrüchten sowie als Digestif  empfohlen. Und zum Ausschank: „VerwenSie neben der klassischen Flöte auch große Rotweingläser und geben Sie in dieser Zeit dem Sekt rund 20 Minuten lang die Gelegenheit, durch Zufuhr des Jahre lang ausgesperrten Sauerstoffs im Glas wieder eine Blume zu entwickeln.“

Ayl: Margarethenhof punktet mit Riesling, Elbling und noch mehr

Von Christoph Hahn

marga1Einen ausgesprochen positiven Eindruck hatte ich bei meinem Auf in der rheinland-pfälzischen saar-Weinbaugemeinde von den dort erzeugten Rieslingen und anderen Weißen. Hier gibt es gleich mehrere Erzeuger von Rang – Florian Lauer etwa, der mit seinem Gut zusammen mit Roman Niewonidczanski (Van Volxem) zu den Spitzenwinzern dieser Region gehört. Damit indes ist die Liste der Produzenten von Rang noch lange nicht erschöpft. Jürgen Weber und sein Margarethenhof im Gebäude des

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Verleugnet seine Vergangenheit: Der Margarethenhof von Winzer Jürgen Werber war Sitz der örtlichen Genossenschaft. Foto: Jasmin Blumenrath

aufgelösten Winzervereins gehört ebenso dazu. Zu seinem Spektrum gehören herrlich erfrischende Weine und Sekte aus dem trockenen Bereich, so unter anderem ein Riesling-Crémant mit knackiger Säure und einem ordentlichen Biß auf der Zunge und ein unkomplizierter Elbling Classic mit cremiger Struktur für den unkomplizierten Trinkspaß. Der Elbling ist mit seiner ausgeprägten Säure ein guter Gegenspieler z.B. für die fettige Süße eines Lachstatars, bietet aber auch mit Aromen von Veilchen und Trockenfrüchten genügend Anreize zum Solo-Genuß.

Der 16er Weißburgunder charmiert den Genießer zuerst mit einer ausgeprägten Kräuternase, das trockene 16er Riesling Hochgewächs punktet mit einer Nase von nassem Fels und Zitronenmelisse (aber nicht parfümiert) auf der Zunge – und das glleichfalls aktuelle „Schiefergestein“, ein feinherber Riesling, mit gereiftem Weinbergspfirsich und gut eingebundener Säure.
marga13Die „Goldline“, die von der Ayler Kupp stammt, laut Margarethenhof-Mitarbeiterin Jasmin Blumenrath ein iun Auslesequalität geernteter und dann trocken ausgenauter Riesling, kommt mit ausgesprochen satter Farbe im Glas daher und bietet beim ersten Schnuppern im Glas Duft wie von Honig, bitzelt dann auf der Zunge und versöhnt sie dann wieder mit fleischiger Aprikose. Der 16er Sauvignon Blanc vom Römerberg hat mit den Melisse- und Paprika-betonten Vettern aus Neuseeland, Südafrika und auch der Steiermark ausgesprochen wenig zu tun und beeindruckt mit einer trotz jungen Alters sehr tiefen Nase plus einem leichten „Pfefferl“ wie beim Grünen Veltliner. Schließlich die Riesling Spätlese: Wer sie im Gllase warten läßt oder sogar vorher dekantiert, für den rauscht sie auf wie eine Sinfonie im Finale.
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Anders als andere Sauvignon Blancs – der vom Margarethenhof in Ayl an der Saar. Foto: Jasmin Blumenrath

Die Weine vom Margarethenhof bieten vor allem eines: sinnliches Vergnügen, und das nicht zu knapp.

Die neue Saar sprüht vor Selbstbewußtsein

 

Von Christoph Hahn

Günther Jauch ist nicht der Einzige: Der neue Glanz der Mosel findet sich auch ein paar hundert Meter von seinem Anwesen in Kanzem, dem Weingut von Othegraven, entfernt. Da nämlich erhebt sich das barocke Hauptgebäude von Gut Cantzheim (www.weingut-cantzheim.de). In diesem Haus, das den Besucher mit der großen Geste der einstigen Bewohner, der Prämonstratenser-Mönche des Klosters Wadgassen im heutigen Saarland, empfängt, ist heute Sitz eines auf seine Weise großen Projektes – des Gutes Cantzheim, mit dem das Ehepaar Anna und Stefan Reimann ein ehedem vernachlässigtes Juwel und die Weinberge um es herum der Vergessenheit umreißt, um es mitten in die Weinkultur der Gegenwart zu stellen.

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Weinjournalisten auf Pressereise – im Hof des Serriger Weinguts Würtzberg. Foto: Christoph Hahn

Die Wein-Saar, die ganz und gar zu Rheinland-Pfalz gehört, ist also klassisch. Und sie ist modern. Das zeigen die Weine der Reimanns (sie war früher im Verkauf für die Bischöflichen Weingüter und den hoch berühmten Markus Molitor tätig) auf ihre eigene, elegante Weise: Der Sekt des Hauses bewegt sich irgendwo auf der Grenze zwischen trocken und knochentrocken, mit seiner stahligen und muskulösen Struktur erstens ein echter Jung von der Saar und zweitens genauso von barocker Art wie das Gebäude, in dem er zu Hause ist.

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Architektonisches Prachtstück: das Weingut Cantzheim in Kanzem mit dem 1740 errichteten Haupthaus, links und rechts flankiert von den modernen Ergänzungen des Architekten Max Dudler. Foto: Ansgar Schmitz

Der 16er fruchtsüße Riesling des Hauses, mit Künstlernamen „Die Gärtnerin“, zeigt eine ganz andere Persönlichkeit. Er ist süß, aber nicht vordergründig, zeigt eine filigrane Mineralik und feine Würze – mehr Kammermusik als große Sinfonie, aber nichtsdestotrotz von adeliger Gestalt. Der Riesling ist halt ein Geselle mit Noblesse, ein Virtuose mit reichlich Gaumensex auf der Flasche, aber ohne geschmackliche Plattitüden.

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Hier werden Weine effektvoll zur Schau gestellt: die Würtzberg-Vinothek. Foto

In noch viel stärkerem Maße inszeniert Roman Niewonidczanski, der Inhaber des Weinguts Van Volxem (www.vanvolxem.com), einer der Top-Adressen der Region, sich und sein Tun durch die Architektur. Bei Biebenhausen nicht allzu weit von seinem bisherigen Sitz im Schatten der Kirche von Wiltingen lässt der Sprössling einer Seitenlinie der Bitburger-Dynastie derzeit ein hoch modernes Gebäude errichten, Der Entwurf des Südtiroler Architektenbüros Trojer Vonmetz spricht eine sehr klare Sprache – mit fest gefügten geometrischen Körpern und Ausblicken, die die umgebende Landschaft effektvoll in Szene setzen.

Die neue, selbstbewusste Saar: Sie ist an allen Ecken und Enden mit Händen zu greifen. Starwinzer Markus Molitor (www.markus-molitor.com) hat zum Beispiel die alte Staatsdomäne in Serrig übernommen und als erstes Mal das Gelände roden lassen. Nächstes Ziel die Neuanpflanzung einer Junganlage. Oder das ehemalige Weingut Dr. Siemens: Es hört jetzt auf den Namen Würtzberg (www.weingut-würtzberg.de) und gehört jetzt Dorothée Heimes und ihrem Mann Ludger Neuwinger-Heimes. Andere Akteure sind geblieben: Florian Lauer, der im Herzen von Ayl seit Jahr und Tag Rieslinge von der Kupp, teilweise haarfein nach deren Lagen wie „Stirn“ und „Unterstenbersch“ ausbaut.

In einem Seitental der Saar, im dörflichen Konzer Stadtteil Oberemmel, arbeitet schließlich Michael Hutmacher (www.weingut-hutmacher.de). Gegenüber der Weltläufigkeit seiner Mitbewerber setzt er voll auf den Charme seines Familiengutes und punktet unter anderem mit einem erfrischenden Secco und einem nicht minder reizvollen fruchtsüßen Riesling von 1962 gepflanzten alten Reben. Sie alle geben der neuen, selbstbewussten Saar Gestalt – ganz unterschiedlich im Charakter, aber getragen vom om gleichen Stolz wie die Kollegen von der ungleich längeren Mosel.